Übernahme des Paracelsus-Klinikums und dessen Folgen

Seit dem 1. Dezember 2022 ist das Heinrich-Braun-Klinikum gemeinnützige GmbH neuer Träger der Paracelsus-Klinik Zwickau. Am 9. Dezember 2022 teilte Herr Glaß als Geschäftsführer des Heinrich-Braun-Klinikums Zwickau, Standort Werdauer Straße (ehemals Paracelsus-Klinik) den Mitarbeitenden in der Betriebsversammlung mit, dass das Sozialministerium Sachsen dem Standort Werdauer Straße die Zulassung für das Fach Neurochirurgie zum 1. März 2023 entziehen würde. Diese Entscheidung sei bereits im Jahr 2018 mit der Begründung getroffen worden, dass das Ministerium eine Überversorgung zu vermeiden hätte. Das Sozialministerium Sachsen sah in der weniger renommierten Neurochirurgie des Heinrich-Braun-Klinikums die besseren Voraussetzungen für eine umfassendere Versorgung von Patientinnen und Patienten. Angedacht war zudem, dass der Fokus für die ehemalige Paracelsus-Klinik künftig auf der Wirbelsäulenchirurgie liegen solle.

Mitarbeitende der Paracelsus-Klinik legten bereits im August 2022 ein eigenes Konzept zur Entwicklung des neurowissenschaftlichen Zentrums vor. Dieses blieb jedoch vom HBK mit der Begründung unbeachtet, dass man nach den Vorgaben des Ministeriums zu handeln hätte.

Behandlung von Tarlov-Zysten zwischenzeitlich nicht mehr möglich

Von einem Tag auf den anderen waren Prof. Dr. med. habil. Warnkes weltweit geschätzter Expertise zu Tarlov-Zysten und seinem besonderen Operationsgeschick zur Durchführung von Thekaloskopien ein Riegel vorgeschoben und konnten die entsprechenden Behandlungen in Zwickau nicht mehr wie bisher angeboten werden.

Der Aufsichtsrat des Heinrich-Braun-Klinikums beschloss drei Voraussetzungen, unter denen die seltenen Behandlungen weiterhin hätten durchgeführt werden können. 1) Die Therapien müssten durch eine Studie begleitet werden, um deren Wirksamkeit wissenschaftlich zu überprüfen. Zum Hintergrund: Geschäftsführer Glaß hatte Bedenken gegenüber der Nachweisbarkeit des Behandlungserfolgs geäußert. 2) Die Leistung müsste von Krankenkassen übernommen werden. 3) Es müsste die Haftungsübernahme durch eine Versicherung erfolgen. Zudem hätten Behandlungen mit der Nanotherm-Therapie – eine spezielle Therapie zur Bekämpfung von Tumoren, welche als weitere Spezialisierung und in Kooperation mit der MagForce AG noch erforscht wird – im Gegensatz zu Operationen von Tarlov-Zysten und Leptomeningopathie nicht mehr fortgesetzt werden können.

Unbeachtet blieb insofern die bisherige Zusammenarbeit der Vigdis Thomson Foundation mit der Paracelsus-Klinik in Zwickau zur Schaffung und zum Ausbau eines Patientenregisters sowie der Begleitung von Behandlungen. Schließlich hatten die im Zuge dessen erhobenen Daten bereits als wissenschaftliche Grundlage Eingang in die medizinische Forschung gefunden.

Zum Jahresbeginn 2023 schien den behandelnden Ärzten also lediglich die Möglichkeit zu bleiben, ein Krankenhaus zu finden, das die zur Debatte stehenden Behandlungen erlauben würde. Dafür hätte die Option bestanden, sich für insgesamt maximal drei Monate pro Jahr freistellen zu lassen.

Verzweiflung bei Betroffenen & Start einer Petition

Eine Vielzahl an geplanten Operationen mussten infolge der Entscheidungen abgesagt werden. Der traurige Höhepunkt war erreicht, als am 23. Dezember 2022 die OP einer Frau, welche sich am Vorabend bereits in unmittelbarer OP-Vorbereitung befand, über Nacht seitens des Heinrich-Braun-Klinikums untersagt wurde. Kolportiert wurde in diesem Zusammenhang, dass kein Versicherungsschutz für Operationen nach dieser Methode bestünde.

Betroffenen waren die Entscheidungen unverständlich und die Ereignisse schlugen eine große Welle der Kritik in öffentlichen Medien und sozialen Netzwerken. Schließlich stellten die Behandlungen von Prof. Dr. med. habil. Warnke für viele erkrankte Menschen weltweit eine der wenigen Hoffnungen auf Linderung dar. Eine betroffene Patientin startete daraufhin eine Online-Petition, um die Aufmerksamkeit für das Thema zu erhöhen und Druck auf die Entscheidungsebene zu erzeugen. In weniger als zwei Monaten (Stand: Ende Januar 2023) konnten mehr als 52.000 Unterschriften gesammelt werden und der Aufruf gehörte zu den meistgezeichneten Petitionen auf change.org.

Auch Gewerkschaften übten Kritik an der Entscheidung zur Zukunft der Neurochirurgie in Zwickau – vor allem mit Verweis darauf, dass die Erfahrung der Mitarbeitenden auf diesem speziellen Gebiet nicht ausreichend beherzigt worden war. Ebenso kursierte unter Ärzten und Pflegepersonal die Angst, dass zukünftig noch weitere Fachbereiche zugunsten des Heinrich-Braun-Klinikums geschlossen werden könnten.

Teilerfolg & mittelfristige Perspektive ab März 2023

Nach Wochen der Ungewissheit konnten die Beteiligten der ehemaligen Paracelsus-Klinik Anfang Februar 2023 einen Teilerfolg erringen, indem man sich mit der Geschäftsführung des Heinrich-Braun-Klinikums auf eine Lösung im Sinne des Patientenwohls einigte. Es handelte sich um ein Übereinkommen unter schweren Kompromissen, welches aber kurzfristige Optionen für die Wiederaufnahme von Operationen eröffnete, eine mittelfristige Perspektive für Betroffene möglich werden ließ und Zeit verschaffte, an langfristigen Lösungen zu arbeiten.

Zur Freude aller Mitglieder und Unterstützer der Vigdis Thompson Foundation, aber vor allem zur Erleichterung der wartenden Patientinnen konnte bekanntgegeben werden, dass Prof. Dr. med. habil. Warnke zunächst weiterhin und wie bisher Sprechstunden für Kassen- und Privatpatienten anbieten können und zudem Behandlungen von Tarlov-Zysten und Leptomeningopathie durchführen können würde.

Formal erbrachten die damit in Zusammenhang stehenden Beschlüsse aus der Sondersitzung des Aufsichtsrats des Heinrich-Braun-Klinikums vom 1. Februar 2023 Folgendes:

  1. Die neurochirurgischen Kompetenzen werden einschließlich der Wirbelsäulenchirurgie ab dem 1. März 2023 am Standort Zwickau | Karl-Keil-Straße gebündelt. Es wird zunächst zwei eigenständige Kliniken geben, welche mittelfristig zusammengeführt werden.
  2. Prof. Dr. med. habil. Warnke und Priv.-Doz. Dr. med. habil. Michael Luchtmann – beide im Vorstand unserer Stiftung tätig – sind Teil personeller Veränderungen am Klinikum: So wird Prof. Dr. med. habil. Warnke zum 28. Februar 2023 seinen Posten als Chefarzt abgeben. Seine Expertise bleibt dem Klinikum als Senior Consultant allerdings erhalten.
    Priv.-Doz. Dr. med. habil. Michael Luchtmann wird der Neurochirurgie des ehemaligen Standorts an der Werdauer Straße als neuer Chefarzt befristet bis 2025 vorstehen. Es ist vorgesehen, dass er dann das Klinikum verlassen wird.

Für Betroffene und die Arbeit unserer Stiftung bedeuten diese Beschlüsse, dass über die fachliche Betreuung durch Prof. Dr. med. habil. Warnke und Priv.-Doz. Dr. med. habil. Michael Luchtmann hinaus auch die Durchführung von Operationen wieder in greifbare Nähe rückt. Entsprechend des aktuellen Stands vom 9. Februar 2023 gehen wir davon aus, dass es uns möglich sein wird, in naher Zukunft wieder neue Operationstermine vergeben zu können. Dazu werden wir auf unserer Website und über unsere offiziellen Social-Media-Kanäle entsprechende Bekanntmachungen veröffentlichen.

Unser Beitrag zur Verbesserung

Die Stiftungsarbeit lebte seit der Gründung und bis zuletzt von der engen Zusammenarbeit mit der Paracelsus-Klinik, in der Prof. Dr. med. habil. Warnke als Chefarzt der Neurochirurgie jahrzehntelang tätig war. In dieser Position entwickelte er selbst eine Behandlung samt Operationsmethoden sowie ein dafür notwendiges spezielles Endoskop (Thekaloskop), um Arachnoiditis zu lindern und Tarlov-Zysten zu operieren.

Auch unter den neuen strukturellen Gegebenheiten arbeitet die Vigdis Thomson Foundation daran, die erforderliche wissenschaftliche Fundierung der Behandlungen voranzutreiben, Daten zu sammeln und dadurch die Entstehung von Forschung mittels Studien durch unseren Stiftungsvorstand, allen voran Prof. Dr. med. habil. Warnke und Priv.-Doz. Dr. med. habil. Michael Luchtmann, zu ermöglichen. Zu diesem Zweck führen wir ein weltweites Patientenregister, das stetig wächst und unseren Erkenntnisstand permanent erweitert. Außerdem betreiben wir Öffentlichkeitsarbeit und informieren Betroffene, deren Angehörige, aber auch Ärzte über das Krankheitsbild.

Darüber hinaus arbeiten wir als Stiftung nach wie vor mit Nachdruck daran, einen geeigneten Standort für die Behandlung von Leptomeningopathien und Tarlov-Zysten zu finden, an dem eine langfristige Patientenversorgung über das Jahr 2025 hinaus sichergestellt werden kann. Die bestmögliche medizinische Versorgung unserer Patienten hat dabei oberste Priorität.

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